Ist eine Barrierefreie Website pflicht? Hier die Ausnahmen und worauf du beim Webdesign achten solltest.
Barrierefreiheit im Web ist längst mehr als ein ethisches Ideal – sie ist gesetzlich verankert und UX-relevant. Trotzdem fragen sich viele: Ist eine barrierefreie Website Pflicht? Gilt das auch für meine Website? Oder: Gibt es Ausnahmen von der Barrierefreiheitspflicht?
In diesem Beitrag erfährst Du, wann Websites barrierefrei sein müssen, welche rechtlichen Grundlagen in Österreich und der EU gelten – und in welchen Fällen tatsächlich Web-Zugänglichkeits-Gesetz Ausnahmen bestehen.
Warum Barrierefreiheit UX und SEO verbessert
Barrierefreies Webdesign ist keine „Spezialanforderung“ – es ist gute UX-Praxis. Denn barrierefreie Interfaces helfen allen Nutzer:innen:
- Menschen mit Seh-, Hör- oder motorischen Einschränkungen
- Nutzer:innen mit temporären Barrieren (z. B. Verletzungen)
- Menschen in schwierigen Nutzungssituationen (z. B. Blendung, Lärm, schlechte Verbindung)
- Suchmaschinen-Crawlern (durch saubere, semantische Struktur)
Barrierefreiheit bedeutet: mehr Reichweite, bessere Usability, bessere SEO.
Barrierefreiheit gesetzliche Pflicht: Was gilt in Österreich und der EU?
In Österreich
Die wichtigsten Regelungen zur digitalen Barrierefreiheit findest Du im:
- Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG)
- Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG)
- Barrierefreiheitsgesetz (BaFG, ab 2025)
Seit 1. Jänner 2020 sind öffentliche Stellen verpflichtet, ihre Websites und Apps barrierefrei gemäß WCAG 2.1 (mind. Level AA) zu gestalten.
Ab 28. Juni 2025 trifft diese Pflicht auch viele private Unternehmen, basierend auf der EU-Richtlinie zum European Accessibility Act (EAA).
In der EU
Die EU hat mit dem European Accessibility Act (Richtlinie (EU) 2019/882) einen einheitlichen Rechtsrahmen geschaffen. Dieser gilt für bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen – auch Webshops, Online-Banking, E-Reader oder Streaming-Plattformen.
Für wem gilt ab 2025 WZG Pflicht?
Pflicht zur Barrierefreiheit gilt für Unternehmen, die:
- digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die vom EAA erfasst sind,
- mehr als 10 Mitarbeiter:innen und/oder einen Jahresumsatz über 2 Mio. Euro haben.
Kleinstunternehmen (unter dieser Schwelle) sind grundsätzlich ausgenommen – es sei denn, sie bieten z B. öffentliche Dienstleistungen an oder agieren in bestimmten Sektoren (Finanzen, Gesundheit, Verkehr).
Die wichtigsten Ausnahmen – und ihre Grenzen
Auch wenn Dein Unternehmen nicht unmittelbar unter das Gesetz fällt, heißt das nicht, dass Barrierefreiheit irrelevant ist. Hier die häufigsten Ausnahmen – und warum sie nur bedingt gelten:
Ausnahme | Gilt nur wenn … | UX-/SEO-Folgen |
---|---|---|
Kleinstunternehmen | … kein öffentlich relevanter Dienst angeboten wird | Geringere Sichtbarkeit & Inklusion |
Interne Systeme (Intranet) | … keine externe Nutzung vorgesehen ist | Usability-Probleme intern bleiben |
Unverhältnismäßiger Aufwand | … nachweislich wirtschaftlich nicht tragbar | Muss dokumentiert und begründet werden |
Historische Inhalte | … seit 2018 nicht mehr aktiv gepflegt | Gilt nicht für aktuelle Inhalte oder Re-Designs |
⚠️ Achtung: „Unverhältnismäßiger Aufwand“ ist kein Freifahrtschein – er muss gut begründet und dokumentiert werden.
UX/UI Design: Warum Du trotzdem barrierefrei denken solltest
Selbst wenn Du nicht gesetzlich verpflichtet bist, bringt Dir barrierefreies UX/UI Design viele Vorteile:
- Bessere Usability für alle
- SEO-Vorteile durch semantisch sauberen Code und Alt-Texte
- Höhere Conversion Rates durch bessere Zugänglichkeit
- Imagegewinn als inklusives Unternehmen
- Zukunftssicherheit bei Re-Designs oder Expansionen
Beispiel: Du gestaltest einen Onlineshop für ein Wiener KMU. Aktuell unterliegt es keiner Pflicht – aber beim nächsten Wachstumsschritt oder einem Förderantrag ist Barrierefreiheit plötzlich Voraussetzung. Wer früh beginnt, spart später hohe Umbaukosten.
Handlungsempfehlungen: So gehst Du als UX-Designer:in mit dem Thema um
- Prüfe den rechtlichen Status Deines Projekts frühzeitig – gemeinsam mit Jurist:innen oder Projektverantwortlichen.
- Nutze WCAG 2.1 als Gestaltungsgrundlage – auch ohne Pflicht.
- Arbeite interdisziplinär mit Developer:innen und Content-Teams an inklusiven Lösungen.
- Verwende semantisches HTML, sprechende Alt-Texte und klare Fokusführungen.
- Teste Deine Designs mit Screenreadern oder Tools wie Wave & axe DevTools.
- Informiere Dein Team über die kommenden Anforderungen (v. a. ab 2025).
Fazit: Barrierefreie Website ist mehr als eine Pflicht – sie ist UX
Auch wenn Deine Website heute noch unter eine Ausnahme fällt: Barrierefreiheit ist ein Qualitätsmerkmal guter UX – und wird in Zukunft zum Standard. Wer heute investiert, ist morgen vorbereitet. Du gestaltest damit nicht nur gesetzeskonform, sondern vor allem menschenfreundlich.
Quellen:
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